viele Leute, daß die Gewitter von schweflichten Dünsten entstehen, die sich in den Wolken erzeugen, und bilden sich alsdann ein, es sey mit dem Regen solcher Schwefel vom Gewitter herabgefallen, und denken daran, daß ja auch schon einmal Feuer und Schwefel vom Himmel regnete auf Sodom und Gomorra. Allein fürs erste wohnen wir Gottlob nicht in Sodom und Gomorra. Für das andere kann manchmal etwas so oder so aussehen, und es ist doch etwas anders, wie man schon oft mit Schaden erfahren hat. Und so ist auch das gelbe Pulver auf den Regenpfützen kein Schwefel: auch wenn es sich am Feuer entzündet, nicht, sondern Blüthenstaub von den Bäumen. In den Tulpen stehen inwendig im Ring herum sechs kleine Säulen, auf deren Spitzen ein schwarzer Staub sitzt. Wer daran riecht, bekommt daher eine schwarze Nase. Auf den Lilien ist er schön gelb, und wer an eine weiße Lilie riecht, bekommt davon eine gelbe Nase. Das ist Blüthenstaub. Er findet sich in allen Blumen und in allen Blüthen, denn er ist unentbehrlich und nothwendig, wenn aus der Blüthe Frucht und Saamen entstehen soll. Wenn es nun im Frühjahr, wo die Bäume blühen, starke Regengüsse giebt, so schwemmt der Regen diesen Staub von den Blüthen ab, und dieß ist auch eine Hauptursache, warum kein gutes Obst-Jahr zu erwarten ist, wenn es viel in die Blüthen geregnet hat. Wo nun viel solcher blühenden Bäume beysammen stehen, da schwemmt auch der Regen viel solchen Blüthen-Staub herab. Dieser sammelt sich alsdann wieder auf der Erde, und bleibt liegen, wenn das Wasser verdünstet, und das ist der vermeintliche Schwefelregen. Im Sommer
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/051&oldid=- (Version vom 1.8.2018)