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auf ihre Speise zu seiner Zeit. Manche davon sind uns unentbehrlich und wir wissens wohl, manche schaffen uns grossen Nutzen, und wir wissens nicht; und es muß doch wahr bleiben, woran wir uns selber so oft erinnern, daß sich eine milde Hand aufthut, und sättiget alles, was da lebet mit Wohlgefallen. Zum andern, so hat doch der Mensch auch schon von manchem Kräutlein Nutzen gezogen, das er nicht selber gesäet und gepflanzet, nicht im Frühlingsfrost gedeckt, und in der Sommerhitze begossen hat. Und eine einzige unscheinbare und verachtete Pflanze, deren Kraft dir oder deinen Kindern, oder auch nur deinem Vieh eine Wunde heilt, einen Schmerz vertreibt oder gar das Leben rettet, bezahlt die Mühe und den Schaden reichlich, den tausend andere verursachen. Aber wer stellt den Menschen zufrieden? Wenn die Natur nicht so wäre, wie sie ist, wenn wir Baldrian und Wohlgemuth, Ehrenpreis und Augentrost, und alle Pflanzen in Feld und Wald, die uns in gesunden und kranken Tagen zu mancherley Zwecken nützlich und nöthig sind, selber ansäen, warten und pflegen müßten, wie würden wir alsdann erst klagen über des viel bedürftigen Lebens Mühe und Sorgen!


Von den Schlangen.


1.


Noch immer glauben Leute, daß die giftigen Schlangen mit der Zunge stechen. Allein es ist schon lange ausser Zweifel gesetzt, daß sie an der obern Kinnlade zwey Giftzähne habe, die sie in eine Scheide zurückziehen und wieder hervorstossen können. Diese

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/038&oldid=- (Version vom 1.8.2018)