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vngehindert kommen konte / machte Er sich frühe Morgens dahin / vnd fand den Graven / sampt seiner Gemahlin / noch im Bette ligen. Dem Graven ruckte Er zorniglich auff seine böse That / nahm zugleich sein Schwert / vnd durchstach Ihn. Die Gräfin / so hoch schwanger / schriete überlaut / schalt den Thäter hefftig / mit Anzeig / es solte dieser Mord vngerochen nicht bleiben / Sie hätte den vnter dem Gürtel / der das thun würde. Da der Ritter das hörete / wante Er sich vmb / vnd stach das Schwert in die Gräfin / vnd begieng also einen dreyfachen Mord / machte sich darnach davon / vnd ritte zum Lande hinauß. Graff Hermans zur Wintzenburg Gemahlin war Fraw Luchard / geborne Marggrävin zu Staden / Marggraff Rudolphen deß Ersten Tochter. Wie der Graff also hingerichtet war / machte sich auff der Geist / Hödeke genant / so sich auffm Hause Wintzenburg auffhielte / vnd sagt zum Bischoff von Hildeßheim / (Bernhardo, einem gebornen Graven von Rotenburg an der Tauber) Stehe auff Pletner / mache dich gefast / die Graffschafft Wintzenburg ist loß / der kanstu ohn Mühe mächtig weden: Der Bischoff that ihm also / vnd nahm die Graffschafft ein. Biß hieher die besagte Chronick.


Wismar.

Es schreibet Johannes Micraelius, im 2. Buch vom Pommerlande / p. 140. seqq. also: Ich muß bekennen / daß gemeinlich die Scribenten / vnd insonderheit Crantzius, Wendisch / vnd Wandalisch / nicht vnterscheiden. Das Land zwischen der Weyssel / vnd Trave / vnd also zwischen Dantzig / vnd Lübeck / ist das rechte alte Wandalia; vnd die Stätte / so darinn gelegen / sind auch schon die Wandalische Stätte geheissen / ehe die Wenden hinein kamen. Die aber zwischen den Wenden / vnd Wandaliern / nicht einen Vnterscheid machen können / wenn Sie hören / daß Wandalier / schon vor Christi Geburt / in Pommern / Mechelnburg / vnd Holstein / gewohnet haben / maynen / daß anfänglich diese Länder Wendisch gewesen seyn. Ein anders aber ist schon erwiesen. Dann die Wandalische Nation war ein mächtig Teutsches Volck / welchs endlich / mit der meisten jungen Mannschafft / vom Balthischen Meere sich erhoben / vnd in die Römische Länder mit Macht Bahne gemacht hat. Drumb irren die Polnischen Scribenten / vnd / vnter Ihnen Vapovius, vnd Cromerus selbsten / daß / wenn Sie bey Saxone, vnd Cranzio, lesen / ein Wandalischer Fürste / Wissimirus / habe sich zu Schiffe gesetzt / Siwardum,den König der Dänen / überwunden / vnd erschlagen / vnd die Statt Wißmar erbawet; Sie als fort mainen / dieser Wandalische Fürst sey ein Pole / oder Wend /gewesen / vnd zwar auß Lechi Geschlechte. Diß ist so vngereimet / daß auch Neugebauerus, ein ander Polnischer Scribent / es nicht gut heissen kan. Dann dieser Wissimirus / oder Wißmar / hat vmbs Jahr Christi 340. König Sigwardum, in einer Schlacht zu Wasser erlegt; Lechus aber / der Wendische Fürst / ist erstlich in Polen zum Regiment vmbs Jahr Christi 550. gekommen. Etliche setzen seine Zeit wol gar ins 644. Jahr hinein. Wie kan denn Wissimirus / der zwey / oder drey hundert Jahr für Lecho gelebt / auß Lechi Familia Einer seyn? Ich halte fast darfür / daß eben dieser Wissimirus, deß Wandalischen / oder Astingischen Königes Wissimari, Sohn / oder Vetter / sey / der sich mit den Wandaliern / vom Balthischen Meer / erhoben hat / vnd an der Thonau / von der Ost Gothen Könige Geberich / zun Zeiten Constantini,ist erschlagen worden. Biß hieher Micraelius. Was den Nahmen Wißmar anbelangt / So wird von Etlichen dahin geschlossen / daß solcher der Statt / von dem obgedachten Wissimiro, oder Wissmaro, ihrem Erbawer / herkomme / den Sie zu deß Alberici Sohn machen; wiewol Andere wollen / daß von Wisbuy / der Haupt-Statt in Gothland / Gothische Völcker hieher gefühet / vnd / von solchen newen Einwohnern / dieser Ort / wegen Sicherheit deß Ports / oder Meerhafens / Wismar /

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Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1853, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Saxoniae_Inferioris_(Merian)_237.jpg&oldid=- (Version vom 28.1.2023)