Seite:Saxoniae Inferioris (Merian) 115.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sie / nach Petri Bertii vnd Gerhardi Mercatoris Beschreibung / die Metropolis, Mutter oder Hauptstatt / oder fürnehmste in Nieder-Sachsen ist / zu welchem Lande Sie gemeiniglich vnd fürnemblich gerechnet wird / wie Petrus Albinus gestehet / der Sie sonst deß Grunds vnd Bodens / der Spraache / Tracht vnd Art der Leute halben / zum MeißnerLande rechnen will.

Ist gelegen an dem berühmten Saalstrom / welcher nach Philippi Melanchtonis meynung / auch vom Saltz den Namen hat (wie der Fluß Halys in Armenia) vnd dem Straboni, so zu Keysers Augusti Zeiten gelebt / nicht vnbekant gewesen. Derselbe entspringt in den Böhmischen Grentzen / am Fichtelberge (sampt der Nabe / Eger / vnd Maynstrom) von dannen er durch das Voigtland / Thüringen vnd Sachsen fleusst / sonderlich aber bey der Statt Halle in vnterschiedliche alveos oder Arme / so zur Holtzflösse / Mühlen / vnd Wasserkunst / dienlich / sich zertheilet / hernach bey Gibichenstein wieder zusammen kompt / vnd also fort / neben vielen einfliessenden grossen vnd kleinen Wassern / als der Ilme bey Camberg / der Vnstrut zwischen Naumburg vnd Freyburg / der Geissel vnd Luppe vnter Merseburg / der Elster oberhalb Halle / der Wipper bey Bernburg / der Bude bey Niemburg / endlich vnter Rosenburg / in der Graffschafft Barby / in den Elbstrom sich ergiessen thut / dahero neben vielen andern guten / auch etliche Seefische / als Lachse / Schollen / oder Plateissen etc. in der Saale gefangen werden.

Vor 7oo. Jahren ist die Statt Halle ein Dorff gewesen / so Dobrebora oder Dobersola / das ist Gut-brunn / oder Gutsaltz in Wendischer Sprache geheissen / zur uralten Graffschafft Wettin vnd Merseburg gehörig / vnd gelegen bey den Saltzbrunnen / von welchen die Sage / daß ein Hirte allda gehütet / vnd ein Schwein sich im Quell / vnd darauß entstandenem Pfuel oder See / so hernach von den Hartzländern geöffnet / vnd gereiniget (wie Brotuff meldet / im Merseb. Chron. lib. 2. c. 4.) geweltzet / welches an der Sonnen vom Saltze sey gar weißlich worden.

Die Hällischen Saltzbrunnen / (deren vier / nemlich der Teutsche / Gutjahr / Meteritz / vnd Hakenborn / von Mathesio außfühlich beschrieben) über welche / wie Cornelius Tacitus gedencket / vnd nicht den Franckenhäusischen oder andern / im 60. Jahr nach Christi Geburt / zu Keyser Neronis Zeiten / die Hessen mit den Hartzländern vergeblich / hernach mit diesen im 451. Jahr / zu Keyser Theodosii deß Jüngern Zeiten / die Wenden / Slaven / oder Soraben / so den Meteritz Saltzbrunn erfunden / vnd dem Dorffe Dobrebora den Nahmen gegeben / gestritten vnd jene vertrieben / hat Keyser Carl der Grosse / im Jahr 806. zusampt dem Dorffe Dobrebora / vnd den herumbligenden Landen / darunter Gibichenstein auch begriffen / nach dem Er durch seinen Sohn König Carolum von Aach gesandt / die Wenden / sampt ihrem Obristen Miloduck, bestritten / theils erschlagen / theils zum Christlichen Glauben gebracht / vnd die denselben nicht annehmen wollen / verjagt / hingegen das Land mit Sachsen vnd Teutschen erfüllet / welche nach 15. Jahren angefangen / das Dorff zu erweitern / vnd / vermittels der Saltz-Nahrung / mehr Häuser auffzubawen / Witikindo dem letzten Könige / vnd ersten Hertzoge zu Sachsen / zugeeignet / vnd zur Graffschafft Wettin / mit welcher Keyser Carl Witikindum den Jüngern beliehen / geschlagen: Auch hat Er die Graffschafft Merseburg gemacht / vnd gleichsfalls Witikindo übergeben / vnd seynd die Hällischen Saltzbrunnen bey der Graffschafft Wettin / vnd fort eine lange Zeit bey der Graffschafft Merseburg / verblieben / biß vmb das 965. Jahr Keyser Otto der Erste / dieselbe der von Ihme newgestiffteten Ertzbischofflichen Kirchen zu Magdeburg zugeeignet / damit die Brunnen im Kriege zu frieden blieben / vnd die reine Lehre von dieser Gottes Gabe erhalten würde / Welche Donation so wol Keyser Otto der Andere / als Keyser Heinrich der Andere / da Erich der letzte Grafe von Merseburg verstorben / vernewert / vnd die Burg Gibichenstein bey Halle / sampt aller Zugehörung / vnd dem Saltzwercke / dem Ertzbischoffe Dagmann zu Magdeburg gegeben.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1853, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Saxoniae_Inferioris_(Merian)_115.jpg&oldid=- (Version vom 30.12.2022)