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Wenn er sich bewußt sei, daß er zu allem Macht besitze,
selbst dazu, im Zorn den Tod zu verhängen.
Dies aber wäre unnütz und traurig,
wenn er vielen das Leben nähme,
nur weil er Herr sei.

254
Weshalb wollte er zürnen,

da ihm doch alle untertan seien und sich ihm niemand widersetze?
Du mußt daran denken,
daß Gott die ganze Welt in Gnade und nicht im Zorn leitet.
Ihm aber, sagte er, mußt du, König, folgen.

255
Er sagte, daß er gut geantwortet habe;

dann frug er den folgenden:
Was heißt gut beraten sein?
Er sagte: Alles mit Überlegung recht tun,
bei der Entschließung
auch das Schädliche der entgegengesetzten Ansicht vergleichen,
damit wir nach Abwägung beider Seiten einen guten Entschluß fassen könnten
und unsere Absicht ausgeführt würde.
Jeder gute Entschluß aber wird dir durch Gottes Kraft ausgeführt werden,
weil du Frömmigkeit ausübst.

256
Er sagte, auch dieser habe recht geredet;

dann frug er einen andern:
Was ist Philosophie?
Er erklärte: Sich in allen Fällen richtig entschließen,
nicht seinen Trieben folgen,
sondern den aus den Lüsten stammenden Schaden erwägen,
je nach den Verhältnissen recht handeln
und Mäßigung dabei beobachten.
Wir müssen aber Gott bitten,
daß wir hiefür Verständnis gewinnen.

257
Auch diesem stimmte er zu;

dann frug er einen andern,
wie er auf Reisen Beifall erlangen könnte.
Er sagte: Wenn du allen gleiche Gerechtigkeit erweisest
und wenn du denen, die du besuchst, eher geringer als höher erscheinst.
Denn nach allgemeiner Ansicht nimmt Gott alles, was sich erniedrigt, an;
auch das Menschengeschlecht pflegt denen, die sich unterordnen, hold zu sein.

258
Er billigte die Worte und frug einen andern,

wie seine Werke auch nach seinem Tod bestehen könnten.
Er sagte daraufhin: Wenn er sie groß und prächtig ausführe,
so daß die Beschauer sie wegen ihrer Schönheit schätzten;
ferner, wenn er keinen der ausführenden Künstler unbelohnt lasse
und wenn er niemanden dabei ohne Lohn bloße Frondienste leisten lasse.

259
Denn, wenn du daran denkst, wie Gott die Menschheit versorgt,

indem er Gesundheit, Sinnesschärfe und alle andern Güter verleiht,
dann handelst du dem entsprechend,
wenn du den gebührenden Lohn für die mühevollen Arbeiten auszahlst.
Bestand hat ja nur, was in Gerechtigkeit vollendet wird.