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moderne Treiben an dieser Stätte wohl vor allem verhaßt sein, und so beschloß er, seine Mahlzeiten nach altrömischem Brauch einzunehmen. Er kaufte daher Wein und Früchte und begab sich zur Mittagzeit, wo alles ruhte, in die Campagna. Dort breitete er seine Vorräte auf dem Boden aus, flehte den Segen der Götter auf sich und sein Mahl herab und wollte eben damit beginnen, als dicht hinter ihm ein entsetzliches Gebrüll ertönte und ein ungeheures ziegenbockähnliches Tier mit ellenlangem, bis auf die Erde herabhängendem Bart auf ihn zustürmte. Entsetzt ergriff er die Flucht, denn es schien ihm wohl möglich, daß ein böser Dämon sein Spiel mit ihm treiben wolle. Und als er nach einer Weile wieder zurückkehrte, fand er nur noch das zertrümmerte Weingefäß am Boden, alles andere, auch das Ungeheuer, war spurlos verschwunden. — Ihr Lächeln ist nicht am Platz, Doktor — es wurde später dahin aufgeklärt, daß gerade unter der Stelle, wo er verweilt hatte, sich ein altes Grab befand — —“

„Sagte nicht jemand, es könne vielleicht der große Pan selbst gewesen sein?“ fragte die kappadozische Dame eifrig, aber der Dichter warf ihr einen strafenden Blick zu und sagte mit großer Bestimmtheit: „Darüber ist mir nichts bekannt“.

„Sollte unser gemeinsamer Freund Delius sich in diesem Falle nicht doch etwas getäuscht haben,“

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.8.2018)