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Aber Oliver Brex war kein Mann vorschneller Tat. Mossala Dschin besaß unter den verschiedensten Stämmen, die einst dem Mahdi blindlings Gefolgschaft geleistet und den ganzen Sudan, die Hauptstadt Chartum und Nubien dazu hatten mit erobern helfen, zu viele Freunde und Anhänger.

„Du magst deine Pflichten unrichtig ausgelegt haben, Mossala“, sagte er mit einer verabschiedenden Handbewegung, deren hoheitsvolle, selbstbewußte Würde Theresa den ersten ungefähren Begriff von der Machtfülle und der Herrschernatur des Tschandu gab. „Ich danke dir, Mossala. Geschehenes läßt sich nicht mehr ändern, und die Folgen nehme ich allein auf mich.“

Theresa kam sich in diesem Augenblick hilflos wie ein unreifes Kind und auch genau so überflüssig vor. Gerade weil sie Oliver Brex zu Unrecht beschuldigt hatte, die Verantwortung für den Tod ihres Gatten zu tragen, und weil sie nun eingesehen hatte, daß dieser etwas zu selbstherrliche Mossala Dschin weit über seine Befugnisse und die ihm erteilten Befehle hinausgegangen und wohl insgeheim ein Widersacher seines Herrn und Gebieters war, fand sie angesichts dieser ganzen ungewöhnlichen Situation nicht die rechten Worte, diese mehr als seltsame Begrüßungsszene nunmehr in wärmere, herzlichere Bahnen zu lenken. Mit tief gesenktem Kopf stand sie da und fühlte nur das bange Klopfen ihres Herzens und dazu eine Leere im Hirn, die sie vollständig lähmte.

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W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)