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geartete Neugier und ihr Sensationshunger immer wieder die Erreichung dieser eitlen Ziele. Trotzdem war ihr jetzt in reiferen Jahren, wo ihre Charakterschwächen immerhin durch Lebenserfahrung gemildert waren, allmählich die beglückende Erkenntnis aufgegangen: Daß in jenen Wochen, in denen sie die Sultana von Dscharani hatte spielen dürfen, ihr Dasein seine einzigen wahren[1] Höhepunkte erreicht hatte, wenn auch der Abschluß dieser in vielem so märchenhaften Episode ein geradezu grausiges Erwachen war!

Diese Erkenntnis, in der das Trübe und Häßliche und Demütigende wie stets durch die Zeit seine schärfsten Spitzen verloren hatte, war mit der Grund ihrer verschwiegenen, nächtlichen und einsamen Rückfälle in ein berauschendes Laster, das für sie letzten Endes nur eine ungewöhnliche Totenandacht darstellte.

Wie einer fernen Gewalt gehorchend – und so war es stets, wenn sie das Schlüsselloch verhängt hatte und keine Überraschung mehr zu fürchten brauchte – entnahm sie der einen Schieblade ihres kleinen Damenschreibtisches ein buntschillerndes Päckchen und ein zweites, das ein eng zusammengefaltetes farbenfrohes hauchdünnes Odaliskenkostüm enthielt, das sie einst für billiges Geld von einer Bekannten erstanden hatte.

Ihr Morgenrock glitt herab, und die Schreibtischlampe mit dem rosigen Schimmer färbte das noch immer feste, faltenlose Fleisch ihrer Arme, Schultern und der ideal geformten Büste zu blutwarmem

  1. Vorlage: waren
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W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)