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vergab nichts …! Die Engländer in Chartum hatten dies im Juli 1914 zu spüren bekommen, und wenn sie, Theresa von Bruck, nicht gewesen wäre, würde der ganze Sudan noch heute unter einer neuen Mahdistenherrschaft stehen und kein Engländer wäre in jenen kritischen, ängstlich verheimlichten Tagen mit dem Leben davongekommen …

Oliver Brex kannte kein Erbarmen.

Noch jetzt sah sie ihn vor sich stehen mit flammenden Augen und zuckenden Gesichtsmuskeln, noch heute hörte sie die haßerfüllten Anklagen dieses genialen Fanatikers und dann die eisig kalte Zielsicherheit seiner ungeheuerlichen Mordpläne …

Und da hatte damals das Grauen sie gepackt. Da hatte sich, mehr unbewußt als bewußt, das Blut der Europäerin in ihr gemeldet …

Sie war bleich geworden wie er … In ihren Augen las er sein Geschick: Der wilde Ausbruch seines fanatischen Hasses war bei ihr auf Widerstand gestoßen, hatte keinen Widerhall gefunden …

Er hatte die Frau verloren, die er, der vortreffliche Menschenkenner, weit überschätzt hatte. Er hatte sie zu sich und seiner infernalischen Größe emporzuheben gedacht und sie war klein und kleinlich und unbedeutend und hohl geblieben. Selbst die Liebesorgien zauberhafter Tropennächte, in denen er sein Herzblut und sein ganzes Sein auf sie zu übertragen gehofft, waren nutzlos, sinnlos gewesen, eine Vergeudung seiner besten Kräfte an eine spielerische Weibesnatur, die

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W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)