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heller als das ihrer Mutter trug sie noch in dickem Flechtenkranz am Hinterkopf aufgesteckt. Die blaugrauen Augen, echte Bruckaugen, zeigten den metallischen Schimmer einer Willensstärke, die ein Erbteil ihres oft bespöttelten Vaters war, der dennoch mit vorbildlicher Tapferkeit in den Ruinen von Ain Halfa das Lager gegen den Ansturm der mordlustigen Beduinen verteidigt hatte und als Held verblutet war.

Ein eigentümlicher Reiz und Liebreiz umstrahlte ihre straffe Persönlichkeit. Aber hinter diesem wahrhaft mädchenhaften, weiblichen Wesen zeigte sich stets wie eine unbewußt betonte Umrahmung der grüblerische Ernst und die Zielklarheit einer früh im Lebenskampf gereiften Vollnatur. Edda von Bruck kannte keine Halbheiten. Wo sie einmal gegen ihre Grundsätze handelte, geschah’s aus behutsamer Überlegtheit. Ihr Leitmotiv war: Die Lauen speit der Himmel aus!

Und doch …

Als sie jetzt die mahnend fragenden Blicke der ahnungslosen Mutter spürte, mußte sie sich zugestehen, daß sie seit Wochen gegen ihre Grundsätze gehandelt hatte und ebenso seit Jahren Dinge ängstlich von sich gewiesen hatte, die wie Gespenster fortwährend durch diese kleine Wohnung geisterten.

Diese Selbsterkenntnis machte sie scheu und unsicher. Hinzu kam noch ihr ungeklärtes Verhältnis zu ihrem Verlobten, dem sie seit Tagen nicht einmal mehr die harmlosesten Zärtlichkeiten gestattete.

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W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)