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kleinen Ohren mit den schillernden Brillanten in den dünnen, fast durchscheinenden Ohrläppchen wie Fanfarenstöße, drangen tief in ihr Innerstes ein und ließen sie erbleichen.

Sie empfand keine Demütigung, keinen Ärger, keine Gereiztheit gegen diesen Fremden, der wie ein Beichtvater und zugleich wie ein kundiger Seelenchirurg ihre Schwächen und Fehler und geheimsten Gedanken bloßlegte. Seine Worte waren Messerschnitte, unter denen die geschickt verschleierte Oberflächlichkeit und Eitelkeit dieser all ihrer Weibesmacht entblößten Frau still und widerstandslos verbluteten.

Demütig, armselig stand sie vor ihm. Ihre knospende Brust unter dem hauchdünnen Seidenschal flog in raschen ängstlichen Atemzügen. Diesem klassisch schönen festen Busen sah niemand an, daß Frau Theresa daheim in Berlin ein einjähriges Mägdlein, ihr Kind, unter treuer Obhut von Amme, Kinderfräulein und Diener zurückgelassen hatte.

Theresa von Bruck kam gar nicht der Gedanke, wie seltsam es doch sei, daß dieser Mann, dieser schwarzgekleidete blasse Wahrheitsfanatiker so verblüffend richtig über ihre Lebensverhältnisse Bescheid wußte. Sie spürte seine unendliche Überlegenheit nur wie etwas Schicksalhaftes, Vorherbestimmtes, und als er, abermals in seiner kühlen monotonen Art, ihr die entlegenen Tennisplätze als günstigsten Ort für eine intimere Aussprache vorschlug – er sagte tatsächlich intimer –, folgte sie ihm willenlos in dem nicht

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W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)