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Walther Kabel: Raubtiere als Beschützer ihrer Herren. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 12, S. 215–219

zudringlicher und frecher, verlangten schließlich sogar, die Farmerfrau solle ihnen auch die an der Wand hängenden Schußwaffen „eintauschen“.

Da einige der schwarzen Spitzbuben inzwischen bereits ihnen nützlich scheinende Gegenstände einfach hatten verschwinden lassen, suchte die resolute Frau die gefährliche Gesellschaft durch die Drohung, sie habe bereits ihren Mann vom Felde herbeiholen lassen, zu vertreiben. Aber die Kerle fühlten sich offenbar ganz sicher und dachten nicht daran, das Feld zu räumen. Sie hatten bereits die Gewehre von der Wand genommen, sich übergehängt und begannen eben nach den nötigen Patronen zu suchen, als der Farmerfrau ein rettender Gedanke kam.

Leise flüsterte sie ihrem Ältesten, einem zwölfjährigen Jungen, einige Worte zu. Dieser eilte nach dem Wirtschaftshofe, wo in einem Verschlage zwei zahme, ausgewachsene Leoparden gehalten wurden. Der Knabe nahm die beiden gelben Katzen an die Kette und lief mit ihnen ins Haus zurück.

Die schwarze Bande war gerade dabei, den in dem großen Wohnraum stehenden Schreibtisch aufzubrechen, da erschien Frau van Hoeften in der Tür, gefolgt von den beiden Leoparden, die sie seinerzeit mit der Flasche großgezogen hatte, und die daher ihrem leisesten Winke gehorchten. Ein Zuruf, und die gelben Körper schnellten durch die Luft – zwei Schreie, ein Angstgebrüll, splitternde Fensterscheiben. Zwei der Matabele lagen am Boden, die anderen hatten sich durch die Fenster schleunigst davongemacht. –

Die meiste Gelegenheit, das Anhänglichkeitsgefühl mancher Raubtiere zu erproben, ist aber wohl berufsmäßigen Tierbändigern gegeben. Diese wissen denn auch allerlei ebenso aufregende wie rührende Erlebnisse zu berichten.

So hatte einmal der Menageriebesitzer Helfort einen ihm als völlig zahm angepriesenen Bären gekauft und in einem aus zwei Abteilungen bestehenden Raubtierwagen untergebracht. In der anderen Abteilung befand sich eine dressierte Hyäne. Der Bär fing nun sofort an, die die beiden Abteilungen trennende Schiebetür mit Zähnen und Krallen zu bearbeiten, um sich zu der von ihm gewitterten Hyäne einen Zugang zu verschaffen.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Raubtiere als Beschützer ihrer Herren. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 12, S. 215–219. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raubtiere_als_Besch%C3%BCtzer_ihrer_Herren.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)