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sehr häufig in der wirklichen Welt angetroffen wurden. Nein! man darf nur so viel vermuthen, daß es im Geschmack des Zeitalters lag, an solchen Idealen einer edleren Liebe Gefallen zu finden: daß Dichter und Romanenschreiber, die sie in ihren Werken nutzten, das Interesse vermehrt haben, welches die gute Gesellschaft daran nahm: und daß einige schwärmerische Köpfe sie zu realisiren gesucht, und die Zeitgenossen zur Nachahmung mit der ganzen Gewalt hingerissen haben, welche eine gespannte Phantasie, und ein ausgefülltes Herz allein zu gründen im Stande sind. Da, wo dieser leidenschaftliche Charakter nachließ, da hat der Geschmack an dieser Art von Verbindungen noch alle diejenige Macht beybehalten können, welche eine angewöhnte Sitte und die Verbindlichkeit, gewisse Förmlichkeiten zu beobachten, über Menschen ausübt, die bey einer einförmigen Lebensart wenig gesellige Zerstreuungen kennen: eine Macht, die um so erklärbarer in denjenigen Lagen wird, wo jener Geschmack mit gewissen Ideen von sittlichem Adel, und eitler Auszeichnung vor dem rohern Haufen zusammenhängt, und zu prächtigen Festen, prunkvollen Aufzügen, und sinnreichem Zeitvertreibe einen wichtigen Beytrag liefert.

So hat nach und nach diese Art, über die Liebe zu denken und sie zu behandeln, eine höfische Gesinnung und Sitte, eine Ausfüllung der Langenweile werden können, die man in der Nähe der Großen immer empfindet. Und hier hat sie erst im engsten Sinne eine zum Galla gehörige gesellige Einrichtung, oder Galanterie werden müssen. Hier hat erst der Angriff des Herzens, seine Vertheidigung, seine Uebergabe, seine Besitzergreifung, seine Erhaltung, kurz! Alles, was in