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zu interessieren. Denn an dem Interesse für seine Person lag ihm vielleicht noch mehr, als an dem für seine Schriften. Beydes ließ sich aber mit einander vereinigen; ja! beydes konnte sich wechselseitig unterstützen. Er mußte einen Roman von der Liebe schreiben, und dieser Roman mußte einen Mann zeigen, der so zu lieben verstand, wie kein anderer. Bey dieser Bemühung würde er sich selbst, vermöge seiner Imagination, in eine leidenschaftliche Stimmung versetzen, und man würde ihm die Gefühle beylegen, die in seinem Buche vorkämen, und noch mehr, sogar die Begebenheiten.

Daß ich R. hierin gar nicht Unrecht thue, beweiset die ganze Art, wie er selbst die Entstehung seiner Heloyse angiebt. „Zuerst fühlte ich, daß mir noch etwas zur Ausfüllung meiner Bestimmung fehlte, daß ich begabt mit so entzündbaren Sinnen, mit einem Herzen, so zur Liebe geformt, noch nie eine Leidenschaft für einen bestimmten Gegenstand empfunden hätte. Ich wollte nicht sterben, ohne das erste Bedürfniß meines Lebens befriedigt, ohne geliebt zu haben.“

Aber Liebe von der gewöhnlichen Art, die würde ihn nicht befriedigt haben. Er schuf sich also ein imaginäres Wesen, und verliebte sich in dieß. Verhältnisse, unter denen er sich mit ihm vereinigen konnte, mußte er gleichfalls haben, und so entstand ein Roman: zuerst in seinem Kopfe, dann auf dem Papier, dann in der Absicht ihn ins Publikum gehen zu lassen, endlich verbunden mit dem Zweck, die Vermuthung zu erwecken, daß ihm selbst die darin dargestellten Begebenheiten wiederfahren wären. Mithin setzte er auf das Titelblatt der ersten Ausgabe seiner neuen Heloyse folgende zwey Verse aus dem Petrarka.