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die Begeisterung so wenig Antheil haben, daß es unbegreiflich seyn würde, wie der Verfasser der neuen Heloyse so hätte schreiben können, wenn wir nicht billig voraussetzen müßten, daß Eitelkeit allein ihm dabey die Feder angeführt habe.

Jetzt verbindet sich R. mit Theresen, und diese Verbindung wird zur dauernden Anhänglichkeit.

Er behauptet, nie Leidenschaft für sie empfunden zu haben; und dieß ist in einer gewissen Rücksicht wahr. Er nahm sie aus Bedürfniß, um traulich mit einem weiblichen Geschöpfe zusammen zu leben, und den Gefahren gröberer Ausschweifungen, wozu ihn sein Temperament hätte verführen können, auszuweichen. Seine Absicht war gar nicht, sich mit ihr auf die Länge zu verbinden. Er behielt sie in der Folge bey aus Gewohnheit, und weil er fühlte, daß diese Häuslichkeit ihm zur Verfolgung seiner litterarischen Plane nützlich wurde. Es war die Neigung des Mannes zur Gehülfin und Gefährtin seines Lebens, die R. an Theresen fand.

So sehr also diese Verbindung auf Eigennutz beruhte, und weder durch Ideale, noch durch Eitelkeit, oder gehemmte Begierde einen hohen Schwung von Begeisterung erhielt; so gerieth er doch dabey Anfangs in eine gespanntere Stimmung, die von allem demjenigen, was R. unternahm, nicht zu trennen war. Er fühlte mit jedem Tage mehr, wie sehr sie und er für einander gemacht waren. Die geringsten häuslichen Freuden wurden durch den Reitz ihrer Vertraulichkeit gehoben. Es ist gewiß, daß R. hier der Zärtlichkeit näher als jemahls stand.