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Reitzbarkeit, eine feurige Imagination und ein glänzender Witz ihm geben können. [1]

Neben dieser leichten und unbeständigen Art von engeren Geschlechtsverbindungen gab es aber auch andere, die dauernder waren, und an denen das Herz bald mehr bald weniger Antheil hatte. Amours platoniques, Interéts oder Liaisons de Societé, Commerces d’habitude, u. s. w. Die ersten kamen besonders auf, seitdem Rousseau die Ideen der älteren Italiäner wieder in Umlauf gebracht hatte. Man verstand darunter eine Verbindung, worin gegen die Gewalt der Sinne zum Vortheil der Begeisterung angekämpft wurde. Aber oft ward dieser Streit bloß geführt, um den vorausgesehenen Fall zu beschönigen, und den Sieg kostbarer zu machen. Oft trotzte man auf Unschuld und Unsträflichkeit der Verbindung, wenn nur die Gesetze nicht Verbrechen strafen konnten, und überließ sich mit schamloser Verstocktheit und verruchtem Uebermuthe nahmenlosen Sünden, die dem Charakter nachtheiliger sind, als Schwächen, welche die bürgerliche Ordnung stören.

Die Interéts de Societé waren Verständnisse, die auf Eitelkeit und Belustigungssucht beruhten, nebenher


  1. Es ließe sich eine interessante Vergleichung zwischen Bernard und Ovid in Rücksicht ihrer Begriffe von Sittlichkeit und Anstand anstellen. Im Allgemeinen herrscht doch mehr Egoismus, mehr Frivolität, mehr wahre Verdorbenheit bey dem Franzosen als bey dem Römer. Dieser kennt wenigstens dauernde Anhänglichkeit: er lehrt das Mädchen, das uns gefällt, erweichen, (exorare,) und wenn wir seine Gunst erhalten haben, diese zu bewahren. Der Franzose hingegen sucht sein Mädchen zu entflammen, und zu genießen. (enflammer et jouir.)