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Viertes Kapitel.
Einfluß der Regentschaft und der nachfolgenden Regierungen in Frankreich auf die Denkungsart über die nehmlichen Gegenstände.

Seit Ludwig dem Vierzehnten stand die Denkungsart über Geschlechtsverbindung und Liebe mit dem bürgerlichen Leben weiter in gar keinem Verhältnisse, sondern bloß mit dem Privatleben in der örtlichen Gesellschaft.

Die übertriebene Devotion, in welche Ludwig der Vierzehnte in den letzten Jahren seiner Regierung verfallen war, veränderte zwar den Ton, den die Stadt einmahl angenommen hatte, nicht völlig; aber sie ließ ihm doch einen gewissen Zwang fühlen. Sobald der Regent an seinem Hofe aller Sittlichkeit und allem Anstande Trotz bot, suchte die gute Gesellschaft in Paris die wiedererhaltene Freyheit doppelt zu nutzen, und verfiel in Ausgelassenheit. Durch die gänzliche Umwälzung der Glücksgüter, welche das System des Law hervorbrachte, ward der äußerste Luxus und das höchste Elend erzeugt, und beydes hatte sehr nachtheilige Folgen für die Sitten. Wenn es auch nicht allgemeiner Ton wurde, sich gänzlich über allen Anstand wegzusetzen, so zeigte sich doch ein Leichtsinn, der zugleich mit vielen unnützen Formen der alten Courteoisie und Galanterie auch viele wesentliche Bestandtheile der Urbanität wegwarf.

Die Geschlechtsverbindungen erhielten ganz sinnliche Zwecke, und diejenigen, welche die Liebe zu