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des Lebens. Abentheuerliche Empfindungen wurden in gesuchte Ausdrücke eingekleidet. Selbst der große Corneille huldigte diesem Aberwitz, und schilderte Helden, welche die Liebe dem Ehrgeitz vorziehen, und Weiber, welche den Ehrgeitz über die Liebe setzen. Doch war dieser Geschmack nicht allgemein. Einige Schriftsteller wollten die Liebe mit Leichtigkeit darstellen, aber sie wurden matt, gemein, und zugleich geschroben.

In England hat Chaucer diejenigen Ideen über die Liebe verbreitet, welche seine Vorbilder, die Troubadours, Boccaz, und die Verfasser des Romans de la Rose darüber hatten. Er vermischt oft seine Darstellungen der Liebe mit abstrakten, metaphysischen Begriffen, und giebt ihnen einen pedantischen und scholastischen Anstrich, oft aber behandelt er sie auch mit einem Leichtsinn, der bis zum Muthwillen geht. Unter seinen Zeitgenossen soll sich Gower in seiner Beichte eines Verliebten ausgezeichnet haben, in der jene pedantischen Spielereyen und Zierereyen mit der Liebe und allen ihren Abstufungen vorkommen sollen, welche dazumahls den französischen und italiänischen Dichtern geläufig waren, und wozu die Troubadours den Ton angegeben hatten. Ich habe sein Werk nicht gelesen.

Späterhin, im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, soll sich Heinrich Howard Graf Surrey durch seine Gedichte auf die schöne Geraldine berühmt gemacht haben, in denen, wie man behauptet, die Gedanken natürlich und ungezwungen sind, auch Natur verrathen. In den Reliques of ancient Poetry findet man mehrere Stücke, von denen sich das nehmliche sagen läßt. Dem Zeugnisse des Warton zu Folge trugen sonst die