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die Liebe einer Zoleikah den Schleyer der Keuschheit abwirft. [1]

Herbelot [2] führt persische Verse an, worin ein Dichter sagt:

„Deine Schönheit, o Gott, deren Glanz sich vergebens unter Schleyern verbirgt, hat eine Menge von Liebhabern und Geliebten hervorgebracht. Dein Reitz war es, den Leileh ausathmete, und der das Herz des Megnun hinriß. Die Begierde dich zu besitzen gab dem Vamek die Seufzer nach derjenigen ein, die er anbetete.“

Deutlicher wird dieß noch aus der Stelle eines türkischen Dichters: [3]

„Wer seine Augen auf dich wendet, o Herr, der hält sich nicht länger dabey auf, Leileh zu betrachten. – Leb wohl! Leileh! Ich habe heute meinen Herrn gefunden: deine Liebe hat mich zur Liebe des wahren und einzigen Gutes geführt!“

Offenbar die Lehre der Platoniker! Die Liebe zur Kreatur erhebt zur Liebe Gottes! Dabey liegt weiter keine Allegorie zum Grunde: Jousouf und Leileh sind so wenig Symbole des höchsten Wesens, als Zoleikha und Megnun Symbole der Kreatur sind. Es sind wirkliche Personen, deren Leidenschaft durch den Zug der Kreatur zum Abglanze der Gottheit entschuldigt und veredelt wird.

Gentius liefert uns in seinem Kommentare über den Gulistan des Sadi eine Stelle aus den Auslegern der


  1. Specimen Poeseos Persicae, sive Haphyzi Gazelae Vindob. 1771. Gazela 2.
  2. Art. Esck Allah.
  3. Idem. Art. Leileh.