Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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Herzen und dem Gefühle anzugehören schien, war zunftmäßige Losung des Ritters oder höfischen Mannes: Ceremoniel, Courteoisie.
Unstreitig haben die Romane und Gedichte der beyden vorher gegangenen Jahrhunderte dazu beygetragen, dem Frauenzimmer einen höheren Begriff von seiner Wichtigkeit einzuflößen, und den Männern mehr Achtung für dasselbe beyzubringen. Inzwischen scheint mir doch von dem immer wachsenden Ansehn des zärteren Geschlechts vieles auf Rechnung derjenigen Damen gesetzt werden zu müssen, welche sich am Hofe Eduards des Dritten durch ihre männliche Entschlossenheit, durch ihren kriegerischen Muth, in Verbindung mit allen weiblichen Tugenden, auszeichneten. Denn dieser Hof hat unstreitig damahls den Ton an den mehrsten übrigen angegeben, und so wie er selbst nach dem Muster älterer Romane gebildet war, wieder den neueren Romanen, in denen das Frauenzimmer eine weit wichtigere Rolle zu spielen anfängt, zum Muster gedient. Unter den Regierungen der nachfolgenden Könige von England und von Frankreich zeigt sich eben dieser heroische Geist unter dem Frauenzimmer, so wie ihr Einfluß auf die Regierung der Länder. Beynahe zu der nehmlichen Zeit standen in Italien einige gelehrte Damen auf, und in den nachfolgenden Jahrhunderten zeigten sich beynahe in
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/161&oldid=- (Version vom 1.8.2018)