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Tristan, der seine Geliebte für todt hält, stirbt vor Gram, und Yseult folgt ihm bald nach.

Ich übergehe eine Menge von Episoden: die Nebenbuhler, die Tristan an Palamedes und seinem Schwager Rehedin findet, von denen der letzte vor Liebe stirbt, der erste aber überall durch Heldenthaten um den Besitz des Herzens seiner Dame mit ihm wetteifert, sich aber weit weniger tapfer und edel darstellt u. s. w.

Das Charakteristische der Form, welche die Liebe in diesem Werke annimmt, ist die Mischung des Unternehmungsgeistes des Liebhabers und seiner Ruhmsucht mit der hinschmelzenden, weinerlichen Stimmung seines Gemüths. Man sieht, daß der Verfasser seine Helden besonders dadurch interessant zu machen sucht, daß er ihnen eine doppelte Art des Edelmuths: den rüstigen, wackern, und den hinschmelzenden, beylegt.

Inzwischen finden wir bereits einen Charakter, der über den Ernst in der Liebe spottet, und sie als ein Mittel zum geselligen Vergnügen betrachtet. Dieser Ritter heißt Dinadam. Er wird zwar nicht als der erste unter den Helden dargestellt, aber er ist doch Tristans Freund und Waffenbruder. Dieser Charakter kommt nachher in mehreren Romanen wieder vor. [1] Er beweist, daß es auch in der Welt der irrenden Ritter zwey Arten über die Liebe zu denken


  1. Dinadam sagt unter andern: Oncques certes pour Dames ne pour Demoiselles ne me penay armes porter. Amours ne me poignent pas de si dures aiguilles, que j’en mette à mort mon corps pour elles. – Comment, sagt Yseult, Vous êtes Chevalier errant, et si n’aimez pas par amours?