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genossen habe. Die Weiber zogen mit ihren Männern, Vätern, Brüdern auf die Streifereyen aus, welche diese unternahmen. Sie thaten sich zuweilen durch ihren Einfluß auf die Krieger, durch Anfeurung derselben zum Muth, ja, durch persönliche Proben von Tapferkeit hervor. Man findet Beyspiele von klugen Gattinnen und Müttern, die im Nahmen anderer, und von Fürstinnen, die als Selbstherrscherinnen regiert haben. [1] Es ist glaublich, daß der Araber dem Beyfalle der Weiber, die nicht bloß Zeuginnen sondern auch Beurtheilerinnen seiner Thaten seyn konnten, mit doppelter Begierde nachgestrebt haben werde.

Aber woher kommt es, daß der kriegerische Muth der Frauen, so wie die Vorzüge ihres Geistes und ihres Charakters in den Gedichten der Araber so wenig gepriesen werden? Woher kommt es, daß das Lob, das ihnen ertheilt wird, sich so ganz auf ihre Gestalt einschränkt? Findet man auch nur eine Stelle, worin der Dichter sich um der Liebe, um der Würde seiner Schönen willen, zur Tapferkeit ermuntert und angefeuert hätte? Ich finde von allem diesem nichts, und die sehr geringe Rolle, welche die Weiber im Koran spielen, läßt mich kaum an die große Achtung glauben, in der das zarte Geschlecht im Ganzen gestanden haben sollte. Einzelnen Personen konnte die höhere Stufe des Ansehens dennoch gesichert bleiben.

Aber zugegeben, der Araber sey tapfer gewesen, weil er seiner Dame würdig seyn, und ihren Beyfall erwerben wollte, so ist doch gewiß dieser Beyfall nie Zweck


  1. Richardson über morgenländische Sprachen, u. s. w. S. 250. Deutsche Uebersetzung. Er übertreibt aber die Sache.