Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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Eingezogenheit gewöhnt. Völlige Menschenrechte, völlige Rechte eines Mitglieds der größern Gesellschaft, hat man ihr wahrscheinlich nirgends eingeräumt. Das stärkere Geschlecht ist immer als Zweck des Daseyns des zärteren angesehen, und als mittleres Glied, wodurch das letzte an der größern Gesellschaft gehangen hat.
Es läßt sich aber voraussetzen, daß diese Begriffe in verschiedenen Staaten verschiedene Modificationen erlitten haben. In Macedonien besaßen die Königinnen einen Grad von Ansehn und Macht, der gewiß nicht ohne Einfluß auf den Zustand der Weiber unter ihren Unterthanen geblieben seyn wird. Die Argiverinnen genossen, nach dem Zeugnisse des Plutarch, [1] einer ausgezeichneten Achtung bey ihren Männern wegen der Heldenthaten, wodurch sie sich unter Anführung der Dichterin Telesilla im Kriege gegen die Spartaner um die Befreyung ihres Vaterlandes verdient gemacht hatten. Die Cyanischen Weiber zeichneten sich, nach dem Zeugnisse eben dieses Schriftstellers, durch eine freye Wahl ihrer Gatten, und durch die Treue aus, mit der sie ihnen anhingen, ein Verhältniß, das ihnen nothwendig höhere Achtung gesichert haben muß. In Großgriechenland erkannte man in den Weibern eine besondere Anlage zur Philosophie und zu den Wissenschaften an: die pythagoräische Schule, die daselbst einheimisch war, hat mehrere gelehrte Frauen aufzuweisen. [2] In Korinth, auf den Inseln des Archipelagus, und in den griechischen Kolonien in Kleinasien legten sie sich mehr auf angenehme Talente, und
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)