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größern Verdienstes als Genossin des Hauses fähig. Sie hängt aber auch mit der größern Gesellschaft näher zusammen, weil sie durch eine gewisse Wirksamkeit, die sich über die Grenzen ihres Hauses hinaus erstreckt, dem Publiko interessanter wird. Die Achtung, deren sie sich als Hausfrau würdig macht, befördert die allgemeine Sittlichkeit, so wie die Verachtung, die sie sich zuzieht, diese beleidigt.

Demungeachtet steht die Griechin noch weit unter der Stufe, zu der das zärtere Geschlecht in Gemäßheit seiner Anlagen gehoben werden kann, und wirklich bey uns gehoben ist. Homer fühlt nicht, daß das Weib sich in seinem Urtheile über Pflicht, Bestimmung, Glück und Selbstzufriedenheit, selbst ordnen müsse: daß es ein Recht habe, seine Kräfte in Gemäßheit seiner zärteren Natur möglichst auszubilden, und sich dadurch, und durch das Bewußtseyn seiner freyesten Wirksamkeit glücklich zu fühlen: daß die Pflichten, die es gegen den Mann als Hausmutter hat, nur Verhältnisse, Bedingungen sind, um zu seinem selbsteigenen Zwecke, als Mensch, zu gelangen, nicht aber letzter Zweck: daß endlich das Weib als Mitglied und Führerin geselliger Zusammenkünfte einen unmittelbaren Antheil an der größern Gesellschaft nehmen könne. Nein! das Weib ist ihm ein Aggregat des Mannes: ein Mittel zu dem Zwecke, dem der Mann ihm vorschreibt, und den er nach seinen eigenen Bedürfnissen bestimmt. Die kinderlose Wittwe, die unverheyrathete Waise muß ihm daher in dem großen Plane der Schöpfung und der Gesellschaft als ein ziemlich unnützes Glied erscheinen.