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beleidigte Liebende die Untreue des Andern eher zu verzeihen bereit gewesen sey, als ihn durch eine verdiente Strafe unglücklich zu wissen. Ich finde nicht, daß ein liebendes Herz, überzeugt, daß der Andere mit ihm vereinigt nicht glücklich seyn könne, der Vereinigung großmüthig entsagt, und wohl gar zu der Verbindung des Geliebten mit einem Dritten beygetragen hätte. Tugenden, ja! nur Ruf glorwürdiger Thaten, sind es nicht, welche die Liebenden an einander anziehen: Schönheit der Gestalt, berühmte Abstammung sind die Vorzüge, womit sie sich einander anpreisen, und wodurch sie sich einer des andern werth achten.

Die Liebe, – wenn wir anders diesen Nahmen einer feinen egoistischen Leidenschaft geben wollen, – erhält also hier ihre Erhöhung von der Energie, mit der sie handelt und sich ausdrückt: von den Aufopferungen, welche der Mensch von seiner einsamen Existenz der Befriedigung seines Strebens nach Zusammenleben und Besitz der Person bringt. Ihre Verschönerung aber erhält sie durch die Feinheit, Lebhaftigkeit und Fülle des Gefühls alles dessen, was mit jenem Streben in Beziehung steht, und dann durch die ästhetische Behandlung. Inzwischen kontrastiert mit Beyden eine gewisse Rohheit in den Empfindungen des Sittlichen und Anständigen, sogar ein gewisser Frost in den Gefühlen der vorgegebenen Leidenschaft; und der Behandlung besonders ist der Fehler eines gesuchten Witzes vorzuwerfen.