Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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den mimischen Ausdruck darstellen. Ob diese Pantomime einen Theil der Mysterien ausgemacht habe, kann ich nicht entscheiden.
Man sucht in dieser Geschichte eine Allegorie von der Seelenliebe, die durch körperliche Lüsternheit erniedrigt wird, und sich Qualen und Schmerzen aussetzt. Ich kann sie nach wiederhohlter Durchlesung nicht darin finden.
Hat das Mährchen wirklich eine moralische Tendenz, so ist es die, den Vorwitz zu bestrafen, und den Genuß des Gegenwärtigen ohne Bekümmerniß um die verborgenen Gründe unsers Glücks zu empfehlen.
Genug! so wie die rednerische Komposition da vorliegt, ist sie ein Meisterstück der Erfindung, das bey einer reineren Diktion ein vollkommenes Werk der schönen Kunst seyn würde. Uns wird sie darum hauptsächlich wichtig, weil die zarte Weiblichkeit der Psyche, (wenn ich die Rache an den Schwestern ausnehme,) so schön darin dargestellt wird, und weil die eheliche Liebe des Amors für seine Gattin die feinsten Empfindungen wahrer Zärtlichkeit verräth.
Gegen das Ende dieser Periode ist endlich auch der erste Roman, von dem wir Nachricht haben, verfertigt worden. Ich werde aber, um den Zusammenhang nicht zu unterbrechen, im achtzehnten Buche ausführlicher davon reden.
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/282&oldid=- (Version vom 1.8.2018)