Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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eines großen Theils unter denjenigen, die auf Wohlerzogenheit Anspruch machten.
Die Platonischen Ideen über die Liebe mußten bald mißverstanden werden. Es gehört der Schwung eines Geistes dazu, der in einer demokratischen Republik gebildet ist, um den uneigennützigen Enthusiasmus für das Unsinnliche zu fassen, den er an die Stelle der Liebe setzt. Nur derjenige Bürger, der gewohnt ist, in dem Mitbürger nicht das Individuum, sondern den Theil der mystischen Person des Staats zu sehen, und sich durch die Begeisterung für bürgerliche Ordnung und öffentliches Wohl für die Entbehrung mancher Freuden des Privatlebens schadlos fühlt; nur ein solcher Bürger, sag’ ich, ist im Stande, die Ahnung zu hegen, daß die Schönheit der körperlichen Gestalt ein Abglanz der Urschönheit sey: Nur er kann sich wirklich täuschen, daß seine Leidenschaft rein von allen materiellen Begierden, nur auf das Anschauen der ewigen Harmonie gerichtet sey.
Dieß ist der Grund, warum die Nachfolger des Plato seinen Lehren einen ganz fremden Sinn untergelegt haben. Tyrius Maximus mag zum Beweise dienen.
„Die Quelle der Liebe, sagt dieser Philosoph, ist die Schönheit der Seele, die aus dem Körper hervorleuchtet. Man muß sich das Verhältniß der körperlichen Schönheit zur geistigen so denken, wie Blumen, die unter Wasser stehen, und durch dessen Wiederschein verschönert werden. Die Schönheit des Körpers ist weiter nichts, als die Blüthe künftiger Tugend, und gleichsam eine Vorahnung einer höheren
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/237&oldid=- (Version vom 1.8.2018)