Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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Alles das gilt nur vom Allgemeinen. Ausnahmen finden sich allerwärts. Stärke der Lüsternheit, Harmlosigkeit und Trägheit auf Seiten des Mannes: körperliche Reitze, Kälte des Bluts, Gewandheit des Geistes auf Seiten des Weibes, sichern diesem zuweilen die Oberherrschaft in einzelnen Familien, und da, wo dieser Charakter an beyden Geschlechtern allgemeiner ist, unter ganzen Völkerschaften.
Zuweilen wirkt der Aberglaube zum Besten der Weiber. Eben diejenigen Unvollkommenheiten, die ihnen bey einigen Völkerschaften Ekel, Abscheu und Verfolgung zuziehn, erwecken bey andern Ideen von Schonung, und sogar von Heiligkeit. Das Wesen, das dort von der Natur verwahrlost, und von den Göttern geächtet schien, wird hier als ein Mahl übernatürlicher Kräfte, als ein der Gottheit geweihetes Werkzeug betrachtet. Die Erstlinge des unnennbaren Genusses gehören den Göttern oder ihren Priestern: ja! das Weib selbst wird Priesterin und Vorhersagerin der Zukunft, – ein Schritt weiter, und man vertrauet seinen Händen den Zepter an!
In diesem bessern Verhältnisse stehen die Weiber zu den Männern bey einigen Völkern bereits im hohen Alterthume. Im Fortschritte der Zeiten nimmt die gesellige Kultur bey allen zu. Das Schicksal der
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)