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einander in ihren bürgerlichen und geselligen Verhältnissen. Wenn ihre ursprünglich physischen und moralischen Anlagen diese zwar überall ungefähr auf gleiche Art bestimmen, so werden sie doch durch Klima, Beschäftigung, Wohlstand, Religion, Staatsverfassung, u. s. w. besonders modificiert. Ueberall ist freylich der Mann die stärkere, das Weib die schwächere, ihm untergeordnete Art der gemeinschaftlichen Gattung: aber hier betrachtet der Abendländer das zärtere Geschlecht anders, als dort der Morgenländer: hier der Christ anders, als dort der Anbeter eines Fetisches: hier der Unterthan eines Monarchen anders, als dort der Republikaner: Und wieder werden Armuth und Reichthum, eine herumschweifende oder ruhigere Lebensart des Mannes auf seine Begriffe über den Werth und die Behandlungsart der andern Hälfte seiner Gattung den größten Einfluß haben.

Laßt uns zuerst die rohesten Verhältnisse des Mannes zum Weibe, die unterste Stufe der Geschlechtssympathie aufsuchen! Ist es wahr, daß es Wilde giebt, unter denen eine völlige Gemeinschaft der Weiber Statt findet, und die mit wild umherschweifender Begierde nach körperlichem Genuß das Werkzeug ihrer Lüste augenblicklich aufsuchen, und augenblicklich wieder verlassen? Ist es wahr, was Roußeau behauptet, [1] daß der Wilde keine Vorliebe zu einer bestimmten Person, keine Eifersucht, keine Häuslichkeit kennt, und daß jedes Weib ihm gleich gilt? Ich gestehe, daß ich mich nicht davon überzeugen kann!


  1. Sur l’origine de l’inegalité. P. 1. gegen das Ende.