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über alles, aber nicht über seine sittliche Würde setzt, und lieber einsam in dem Bewußtseyn seiner Selbstgenügsamkeit trauern, als in einer Verbindung, die mit Aufopferung der Achtung für die gepaarte Person erkauft wird, ein bloß scheinbares Glück genießen will. Lasse dreist das Mißfallen merken, welches dir eine Schwäche, eine Uebereilung, eine Unvorsichtigkeit der Geliebten einflößt! Freylich muß dein Unmuth keine mürrische Strenge, keine Herrschsucht zeigen; freylich muß die Geliebte fühlen, daß es dich um ihretwillen schmerzt, daß sie deiner Achtung minder würdig erschien; freylich mußt du bey aller deiner Strenge zart zu behandeln wissen. Aber wenn Edelsinn und Liebe dich leiten, so sey sicher, die Edle wird in deinem Ernst den Wunsch, sie ununterbrochen zu achten, nicht verkennen. Sie wird ihren Fehler in Geheim verbessern, sie wird die Freude, die sie darüber in deinen Augen blinken sieht, mit Wonne wahrnehmen, und das Gefühl deiner Gerechtigkeit, die Ueberzeugung, daß dein Beyfall nur durch wahren Werth errungen werden muß, wird sie mit stärkerer Gewalt an deine Person anziehen.

Künste zu verführen, nicht Künste zu lieben sind es, die den Liebhaber lehren, Schleichwege zu gehen, um das Herz der Geliebten zu fangen; ihre Zofen zu bestechen, die Gespielinnen lächerlich zu machen, Zwistigkeiten in den Freundschafts- und Familienverbindungen zu stiften, um als Vertrauter wichtig zu werden, u. s. w. Alle diese Mittel einer elenden Intrigue verschmäht die Liebe, und besonders die edle. Sie traut dem Dienstbothen nicht die Gewalt zu, das Urtheil oder das Herz des edeln Weibes zu lenken. Sie nimmt dreist die Vertheidigung der verkannten Unschuld über sich, wenn