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wird, sich auch die Geschlechtssympathie melde. Freylich in sehr verschiedenen Graden! Bald als bloße Ueppigkeit der Seele und des Körpers, bald als unnennbarer Trieb und figiertes Streben nach Selbstverwandlung.

Und hiervon nehme ich keine Art von zärtlicher oder leidenschaftlicher Verbindung zwischen Personen aus, deren körperliche Organisationen, oder deren Seelenanlagen in dem Wohlverhältnisse hebender Zartheit zur geschmeidigen Stärke stehen, wenn sie anders oft der körperlichen Gegenwart, oder des häufigen Austausches ihrer Gefühle genießen, so daß das Bild ihrer Geschlechtsverschiedenen Wesen, so wohl dem Körper als der Seele nach, in ihrer Phantasie lebhaft gegenwärtig wird. Ich sage: ich nehme keine zärtliche Anhänglichkeit unter den angegebenen Bedingungen von dieser Mitwirkung der Geschlechtssympathie aus. Nicht das zärtliche Verhältniß zwischen Bruder und Schwester, zwischen Vater und Tochter, zwischen Mutter und Sohn! Sind auch ihre Körper dem Anschein nach unfähig, Geschlechtsliebe zu erwecken; die Seelen wecken diese in einander auf, und theilen sie einander mit. Ja, wenn es zwey Männer sind, die sich zärtlich oder leidenschaftlich lieben; oder zwey Weiber, und ihre Körper tragen auffallend verschiedene Merkmahle hebender Zartheit auf der einen, geschmeidiger Stärke auf der andern Seite an sich; oder auch ihre Seelen tragen nur diese verschiedenen Charaktere an sich, und sie gehen viel und traulich mit einander um; – ich behaupte dreist: Körper und Seele huldigen mehr oder minder der Geschlechtssympathie!

Wie ist dieß anders möglich? Die zärtliche Anhänglichkeit und die Leidenschaft bestehen beyde aus einem Gewebe unzähliger Triebe, unter denen die liebenden