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deutlich unterscheidet. Einmahl kann ich mir nicht verläugnen, daß der Mensch, in dessen Gesellschaft mir wohl ist, nicht bloß um meinetwillen vorhanden sey: folglich fällt mir seine Selbstständigkeit nothwendig auf; zweytens hat der Mensch unter allen Gegenständen meiner Erkenntniß die größte Aehnlichkeit mit mir, ich stehe ihm am nächsten, ich kann mich am leichtesten in seinen Zustand hineinversetzen; mithin laufe ich nicht so viel Gefahr, ihn als ein fremdes Wesen aus der Ferne zu betrachten. Die Wonne, welche mir das gemeinschaftliche Daseyn und Wohl mit dem Menschen einflößt, entfernt sich daher mehr von der Selbstheit und dem Beschauungshange, als die Wonne, womit mich die Verbindung mit jedem andern Gegenstande erfüllt.

Dieß ist die Ursach, warum die Geselligkeit gegen Menschen ziemlich allgemein mit Liebe verwechselt wird. Wer sich gut mit andern Menschen verträgt, wer gern mit ihnen zusammen ist, wer Jedermann gern munter und fröhlich sieht, wer den Vorzügen eines jeden Gerechtigkeit widerfahren läßt, wer andern Gutes thut, wem kein Vergnügen schmecken will, das er nicht mit andern theilen kann; – der heißt ziemlich allgemein ein liebender Mensch. Und das ist er auch allerdings in Vergleichung mit demjenigen, der sich im Anschauen der Gottheit verliert, oder unbekümmert um andere des Gefühls seiner eigenen Würde genießt, oder Thieren, Pflanzen, Kunstwerken, seine ganze Neigung und seine ganze Sorgfalt schenkt. Denn jener sympathisiert mit den Gegenständen, mit denen er sich ins Verhältniß setzt, da hingegen diese sie nur beschauen, oder auf ihr Selbst beziehen.