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mich zu widersetzen, zu beleidigen, mich unbefangen gehen zu lassen, zurückhält. So unterwerfe ich mich den gefährlichen Naturkräften, dem schädlichen aber mächtigen Bösewicht, und dem Strafgesetze. Diese Unterwerfung läßt sich ohne Abbruch für unsere Selbstliebe nicht denken. Sie verlangt durchaus die Unterdrückung der freyen Wirksamkeit vieler Lieblingstriebe, und besonders desjenigen, sich unabhängig zu fühlen. – Nach dieser Erklärung wird wohl kein Zweifel übrig bleiben, daß eine solche reine Unterwürfigkeit weder Achtung noch Liebe sey. Sie beruht auf Zwang, und das Vergnügen, welches damit verbunden seyn kann, die Gunst des gefährlichen Obern gewonnen zu haben, ist allemahl nur eine genügende Lust am gestillten Bedürfnisse, mithin nicht einmahl Wonne. Könnten wir den Gönner dieser Art entbehren, wir würden uns keinen Augenblick bedenken, uns seinem Ansehn über uns zu entziehen. Der Wilde, der seinen Gott als ein bösartiges Wesen anbetet, hat folglich für ihn so wenig Achtung als Liebe.

Von Werth halten, fühlen, daß Jemand uns etwas oder viel werth sey, aber nur uns, andern wenig oder nichts; – heißt gleichfalls weder lieben noch achten. Diese Gesinnung habe ich für das bloß Nützliche, für dasjenige, was mir als Mittel zur Ausführung meiner persönlichen Plane und Absichten dienen kann. Der Gegenstand, welcher diesen Werth für mich hat, befriedigt entweder bloße Bedürfnisse der Selbstheit, oder giebt doch nur eigennützige Wonne. Der Tyrann, der den Meuchelmörder etwas oder viel werth hält, weil er dazu dient, ihm den ungestörten Besitz seiner Gewalt zu sichern, hegt gewiß keine Liebe und keine Achtung für ihn.