Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil | |
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Unser Wesen fühlt den allgemeinen Hang nach Wohlbestehen oder nach dem Bewußtseyn, daß sein Zustand seiner Einrichtung angemessen sey. Man nennt diesen Hang oft den Grundtrieb unsers Wesens, weil alle unsre einzelnen Triebe sich endlich dahin zurückführen lassen, daß wir auf eine Art fortdauern wollen, die der Einrichtung unsers Wesens angemessen ist. Kürzer: daß wir mit Lust existieren wollen.
Einige Reitzungen die wir erhalten, begünstigen diesen Grundtrieb auf eine ungewöhnliche Weise, andere in schwächerer Maße, andere lassen ihn nur in Ruhe, andere beleidigen ihn durch Hinderung, andere scheinen seinen Zweck geradezu zu zerstören.
Alles was den Grundtrieb beleidigt oder seinen Zweck zu zerstören scheint, giebt uns das Bewußtseyn eines Zustandes von Unlust, und ist der Liebe entgegengesetzt, in so fern diese für das Bewußtseyn eines Zustandes von Lust genommen wird. Wenn sich jedoch mit dieser Empfindung die Hoffnung auf Beendigung des peinlichen Zustandes vereinigt; so entsteht daraus das
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_1.djvu/277&oldid=- (Version vom 1.8.2018)