Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil | |
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prädominierenden Momente giebt der Periode seines Lebens im Ganzen den Charakter.
Jede zärtliche Anhänglichkeit kann zur liebenden Leidenschaft werden, so wie überhaupt jede dauernde Neigung zu einem bestimmten Gegenstande. Inzwischen scheint die Zärtlichkeit fürs andere Geschlecht, wenn sie zur Leidenschaft wird, doch etwas Eigenes und Ausgezeichnetes zu haben. Keine kann sich mit ihr an Umfang der Wirksamkeit, womit sie unsere ganze aus Körper und Seele und äußern Verhältnissen bestehende Person umfaßt, vergleichen. Bey keiner ist die Stärke der Wirksamkeit, womit sie uns zu Aufopferungen auffordert, so gewöhnlich. Das leidenschaftliche Streben in der Geschlechtsliebe ragt daher unter allen leidenschaftlichen Stimmungen als das Höchste und Gewöhnlichste hervor, und nach ihm wird alles ähnliche Streben berechnet. Da auch die Rührung des Herzens und die liebenden Affekte auf dieser Stufe am deutlichsten nach außen wirken, und die häufigsten und stärksten Aufopferungen unserer niedrigen Selbstheit zeigen; so wird die Fähigkeit zum leidenschaftlichen Streben nach zärtlicher Verbindung mit dem andern Geschlechte vorzugsweise das Herz, so wie der Zustand, den dieß Streben hervorbringt, vorzugsweise Liebe genannt.
Leidenschaft der Liebe, oder Liebe in der höchsten Bedeutung des Worts ist: figierte Sehnsucht nach der unentbehrlichen Wonne, das Bewußtseyn
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_1.djvu/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)