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der schmelzende sehr wohl mit der weiblichen Freundschaft. Die Wirksamkeit des schwärmerischen Aneignungstriebes, welche ich Besessenheit genannt habe, gehört freylich der Geschlechtssympathie an: allein er findet sich nicht immer in Gesellschaft der Geschlechtszärtlichkeit, und verwandelt diese bereits in Leidenschaft.

Man sieht hieraus, wie schwer der Unterschied zwischen Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit nach äußeren Merkmahlen zu bestimmen ist. Demohngeachtet bin ich überzeugt, daß weder die Vereinigten selbst, die sich ehrlich prüfen wollen, noch Fremde, welche das Band länger zu beobachten Gelegenheit finden, sich über die wahre Natur des Verhältnisses betriegen werden. Folgende Bestimmungen dienen ihnen vielleicht zu näheren Wegweisern.

Die Geschlechtszärtlichkeit zeichnet sich durch Ueppigkeit aus: durch das Gefühl einer gezärtelten Spannung des Körpers, einer sanften Erhöhung des Geistes, welche die Freundschaft nicht mit sich führt. Ein unruhiges Sehnen nach körperlicher Annäherung, ein beklemmtes Herz in der Abwesenheit des Verbündeten, ein ungeduldiges Erwarten seiner Ankunft, ein extatisches Entzücken über seine Erscheinung, die sich sogar durch Veränderung der Gesichtsfarbe nach kurzen Trennungen ankündigt; ein schmachtender Blick, verbunden mit lebhaftem Glanze des Auges, ein schmelzender, üppiger Ausdruck des Wunsches, zu gefallen, der sich im Ton und Geberden und Reden äußert; das unverwandte Hängen an der Form und den Worten des Geliebten, die stets rege Begierde, abgesondert von andern mit ihm zusammen zu wohnen und immer ungetrennt von ihm zu bleiben; üppige Eitelkeit, Stolz auf