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vertraut zu machen, und die er bey andern zu erwecken sucht.

Die Frau hingegen, – in so fern sie nicht aus ihrem Charakter herausgeht, – liebt Zärtelung; Folge ihres zärteren Körpers und Gemüths: sie liebt mehr eine besorgende, wachsame, als vordringende Thätigkeit; Folge ihrer schwächeren, mehr im engeren Kreise wirkenden Kräfte. So erscheint die Person der Frau ihr selbst und andern unter dem Bilde und dem Begriff der Zartheit, und diese sind für diejenigen, welche sie fassen, mit zärtelnder Reitzung verbunden.

Die Frau hat Pflichten gegen häusliche Verhältnisse, und gegen denjenigen Theil unserer Person, der geschont und mit Nachsicht behandelt werden muß. Ihre Tugenden, ihre Vorzüge, zärteln die Seele bey der bloßen Vorstellung, und werden daher weiblich genannt; z. B. ausdauernde Geduld, Demuth, Schamhaftigkeit, Sanftmuth, Feinheit, Liebenswürdigkeit, Emsigkeit u. s. w.

Ohngeachtet nun der Mann durch seine Person und seine Verhältnisse den Begriff der Stärke, die Frau in eben diesen Rücksichten den Begriff der Zartheit erweckt; so haben doch beyde zugleich vieles an sich, was den entgegengesetzten Begriff begründen kann. Der Mann ist vieler weiblichen Vorzüge und Tugenden fähig, die Frau vieler männlichen. Der Mann liebt zuweilen eine zärtere Reitzung, die Frau zuweilen eine stärkere. Der Mann kann sich über die Verhältnisse des häuslichen Lebens nicht hinaussetzen; die Frau kann sich von ihrem Zusammenhange mit der größeren bürgerlichen Gesellschaft nicht völlig los machen.

Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erweckt der Mann den Begriff der Stärke, welche zugleich geschmeidig