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zur Stärke als zur Zartheit, und beyde sind leidend und thätig, d. h. das Gemüth kann sich gespannt und spannend, gezärtelt und zärtelnd fühlen.


der verschiedenen Adhärenzen unsers Ich’s festzusetzen, die zum praktischen Gebrauche, und besonders zur Unterscheidung verschiedener Gefühle wichtig seyn können.
Ich habe in den vorigen Kapiteln ein sensitives, ein thierisch lebendiges, ein vegetierendes Wesen als Adhärenzen unsers Ich’s, angenommen. Nicht, weil ich sie für wirklich verschiedene Wesen halte: denn das kann ich nicht beurtheilen; sondern weil ich an meinen Organen, an meiner innern Organisation, und endlich an dem gröbern Stoffe, den ich an mir trage, solche verschiedene Wirkungen wahrnehme, die ich mir unter dem Bilde verschiedener mit Kräften und Reitzbarkeit versehener Wesen, deren Veränderungen das Ich mittelst des Bewußtseyns unmittelbar aufnimmt und vereinigt, am deutlichsten denken kann.
In eben dem Sinne und in eben der Absicht, um nur Merkmahle von den verschiedenen Veränderungen zu haben, die ich an mir bemerke, theile ich nun wieder die Seele, als Adhärenz meines Ich’s, in zwey Wesen ein, die beyde mit Kräften und Reitzbarkeit versehen sind: in das Gemüth und in den Geist. Unter Gemüth verstehe ich dasjenige Wesen meiner Seele, das der Sensibilität der äußeren Organen meines Körpers durch die Art, wie es Eindrücke von Bildern und Vorstellungen einnimmt, sich mit diesen ins Verhältniß setzt, und von ihnen zur Lust oder Unlust gereitzt wird, so ähnlich ist. Es ist der Inbegriff aller Kräfte und aller Vermögen an mir, die ich nur nicht unmittelbar am Körper wirksam fühle, und die ich nicht zu meinem Geiste rechne: Mit einem Worte: das niedere Seelenwesen. Unter Geist verstehe ich hingegen die engste Adhärenz meines Ich’s, das letzte belebende Princip im Gemüthe, mit dem mein Ich gedacht wird, wenn ich im Bewußtseyn ein vermögendes und reitzbares Wesen in mir noch von den Kräften und der Reitzbarkeit meines Gemüths unterscheide: Mit einem Worte: das höhere Seelenwesen. Ich bin mir bewußt,