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Unglück, meinen Stolz, meine Erniedrigung! – Gewöhnlicher Ausruf von Eltern, Freunden, Geschwistern, Liebenden aller Art, die sich und Andere anklagen, lobpreisen, entschuldigen!

Dieser Ausdruck wird zu gleicher Zeit bald Gegenstand des Spottes, bald unverständiger Schmeicheley, und durchaus viel häufiger gebraucht als verstanden. Was ist das Herz bey den Weibern? fragen scherzende Dichter; und der Leichtsinn des Wüstlings, die verbrannte Phantasie des Schwärmers, prangen oft mit diesem ehrenvollen Nahmen.

Es ist interessant, es ist nothwendig, so wie ich in meinen Untersuchungen über die Natur des Zustandes, den wir Liebe nennen, vorwärts rücke, allemahl zugleich das Vermögen zu diesem Zustande, den Theil unsers Wesens, durch den er möglich wird, das Herz, näher zu entwickeln.

Aber wie schwer ist es, die Natur dieses Herzens unter bestimmte Begriffe zu bringen, und es in seiner ersten ursprünglichen Bedeutung von allen andern Fähigkeiten und Kräften unsers Wesens zu unterscheiden! Daß ich Symbole fände, welche die Sache anschaulich machen könnten!

Denkt an jenes interessante Kraut, das bey gewissen Berührungen seiner Blätter schnell an seinem ganzen Stamm erzittert und zusammen schrumpft; und vergleicht diese Reitzbarkeit mit der bloßen Beweglichkeit anderer Gewächse! –

Denkt an jene geistigen Getränke, welche durch äußere Erschütterungen, oder durch ein inneres Treiben ihrer Bestandtheile aufwallen, gähren; und vergleicht dieß Aufwallungs- dieß Gährungsvermögen