Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 116.jpg

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Betragen, selbst in der Kleidung, bestätigen; Carricatur paßt eigentlich zu keiner Rolle, und die mindeste Trivialität wird zum unverzeihlichsten Fehler. Nachfolgende Beurtheilung derer einzelnen Rollen wird es erdeutlichen, wie weit diese generellen Grundregeln Heute im practischen Detail beobachtet, oder vernachläßiget, worden sind. –

Der Baron von Ostburg war mit Herrn Stegmann besezt; er spielte ihn aus einem mir unbegreiflichen Gesichtspunkte. Der Dichter hat ihn als Mann von Stande gezeichnet, der von Jugend auf in der großen Welt lebte, deßen characteristische Geradheit aber ihren verderbten Gebräuchen, Sitten, und Ausschweifungen, keinen theilnehmenden Geschmak abgewinnen konnte, der besonders die Lästersucht, welche an seinem Wohnorte herrschend war, tief verabscheute, der, nach vernünftigen und rechtschaffenen Grundsäzen alle seine Handlungen modificirend, den einzigen unüberlegten Schritt gethan hatte: daß er als fast sechszigiähriger Hagestolz ein iunges rohes Landmädchen zur Frau nahm, die ihm blos, weil er sehr reich und sie in eben dem Grade arm war, die Hand gab, sich aber, statt seine schmeichelhaften Hoffnungen auf häußliches Glük zu realisiren, bald nach der Vermählung in die routinirteste Stadtdame verwandelte, durch ihr Betragen den Gatten öffentlich lächerlich, ihn zu Hause