Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 060.jpg

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der Dresdner und Leipziger Oldenholm um manches Pfund leichter wog, als der heutige in Hamburg. In der 16ten Scene des V. Acts[1] herrschte überhaupt nicht die richtigste Ordnung; schon die Königin kam fast zu spät, um den für Hamlet bestimmten Giftbecher zeitig genug ihm weg zu nehmen, und selbst daraus zu trinken. Auch Herr Solbrig schien die Contenance verlohren zu haben; zur Ermordung des Oheims konnte er mit dem Herausziehen des Schwerdts nicht rasch genug zu Stande kommen, und das unmitelbare Niederstoßen reußirte nur unvollständig.

Herr Langerhans erschien als Geist von Hamlets Vater; aber ich muß aufrichtig gestehen, daß er mir durchaus nicht gefallen, sondern mich heute zum ersten mal von der Möglichkeit überzeugt hat: auch er könne eine Rolle übernehmen, und spielen, ohne ihr die mindeste Genüge zu leisten. Da Herr Langerhans sein Visir aufgezogen tragen muß, und man das ganze Gesicht sehen konnte; so hätte doch lezteres expreßivere Merkzeichen des Todes darstellen sollen; außerdem verriethen des Herrn Langerhans Haltung, seine Gesticulation, sein Gang, selbst sein Sprachton, viel zu viel Körperliches, um auch von der leichtgläubigsten Illusion zu verlangen, daß sie sich in deßen verschiedenen Erscheinungen

  1. in der Voßischen Edition etc. die 10te des VI. Acts.