Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 054.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Madame Fiala, der ich schon oft, mit voller Ueberzeugung, Gerechtigkeit widerfahren ließ, wenn ich andere ihrer theatralischen Productionen öffentlich, und wiederholt, lobte, konnte heute, als Königin, unmöglich gefallen. Der Mangel gewisser persönlicher Attribute, die aber gerade zu der oder iener Rolle unentbehrlich sind, läßt sich weder durch Kunst, noch durch Anstrengung, genügeleistend ersezen. Madame Fiala war auch bis zur Verunstaltung angezogen – der dicke Stoff des steif weg strozenden Kleides erweiterte den Umfang ihrer natürlichen Corpulenz mächtig, seine Schwehre sezte sie oft in auffallende Unbehelflichkeit, das Costum der Vorzeit aber bezeichnete es desto expressiver. Die Königin im Hamlet gilt zwar für Matrone, dennoch aber hat sich der Schwager auch aus Leidenschaft, und aus persönlicher Zuneigung, mit ihr verbunden. Da Madame Eule ebenfalls die Mutterrollen auf unserer Bühne so oft mit dem empfehlendesten Ausdruk bearbeitet, ihr es auch am figürlichen Anstand zu denen erhabenen gar nicht fehlt, so wünschte ich wohl, daß sie bey einer künftigen Vorstellung des Hamlet Madame Fiala ablösen möchte.

Hamlet, das große Problem dramatischer Kunst, war Herrn Solbrig übertragen. Heucheln müßte ich, wenn ich behaupten wollte, daß er dessen Darstellung,