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welche bloss dazu da zu sein scheinen, um das Feuer nicht ausgehen zu lassen … Am Kamin, auf einer Matte, sitzt ein halb entblösster Greis, in ein Buch vertieft. Sein Äusseres flösst Achtung und Mitleid ein – ein Mensch, der keinen anderen Trost im Leben hat, als für Gott zu leben … Es ist ein Magier. Er liest die heilige Schrift, den Zend-Avesta.

„Heil und Friede dir, heiliger Vater!“ sagte ich, in die Wohnung eintretend.

Überall verfolgt, überall misshandelt, hatte dieser arme Geistliche ein halbes Jahrhundert in seiner traurigen Einsamkeit zugebracht. Zum ersten Male hörte er die Stimme eines Fremden, der, ohne ihm Furcht und Angst einzuflössen, mit einem friedlichen Grusse über seine Schwelle schritt.

Mit grosser Ruhe schlug er das Buch zu, legte es bei Seite und erhob sich, um den unerwarteten Gast zu empfangen. – Die Sprache der zoroastrischen Philosophen ist bescheiden und klug. Mit Liebe erzählt er alles demjenigen, welcher ihn freundlich anblickt. Nichts tröstet ihn so sehr, wie die Sympathie, denn sie hat er von wenigen genossen.

Mich interessierte es mehr zu erfahren, was ihn veranlasst hatte, in dieser traurigen

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Raffi: Bilder aus Persien und Türkisch-Armenien. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:RaffiBilderAusPersienUndT%C3%BCrkischArmenien.pdf/7&oldid=- (Version vom 24.7.2016)