Die Studenten sprangen aus den Betten, huben an einander zu trösten, wollten aber nicht aus der Kammer, in der sie schliefen.
Endlich hörten sie ein gräuliches Pfeifen und Zischen, als ob das Haus voller Schlangen und Nattern wäre. Indem geht bei Doktor Faust die Stubentür auf.
Er fängt an um Hilfe zu schreien, aber bald wird es still. Am andern Morgen machten sie sich erst in Fausti Stube. Da war alles mit Blut bespritzt, aber der Leib lag draußen auf dem Mist.
Die ganze Sage von Faust haben einige für eine bloße Erdichtung zur Verunglimpfung des Häretikers Faustus Socinus gehalten. Andere hingegen behaupten, die Mönche, welche durch Johann Fausts Erfindung der Buchdruckerkunst ihren Verdienst vom Abschreiben der Bücher gänzlich eingebüßt, hätten die neue Erfindung aus Rache als Teufelswerk verschrieen und dem Namen Faust durch die Erdichtung eines Doktor Faust, der sich dem Satan verschrieben habe, einen Schandfleck anheften wollen.
Gegen dergleichen Einwendungen würde sich nun auch wenig sagen lassen, wenn es eben nicht gewiß wäre, daß der Doktor Faust, welcher sich für einen Zauberer ausgab, in Kreuznach Rektor gewesen ist.
Es schrieb nämlich Tritheim am 20. August 1507 aus Würzburg an einen Freund, Georg Sabellicus Faustus, welcher sich einen Erz-Zauberer zu nennen gewagt habe, sei ein prahlerischer Vagabund, den man durchpeitschen solle, damit er sich künftig hüte, so verruchte kirchenschänderische Dinge öffentlich zu betreiben. Die Titel, die er sich beilege, könnten nur seine Verrücktheit und seinen Wahnsinn beweisen. Tritheim fährt fort: „Sieh da, wie weit die unbesonnene Torheit eines Menschen sich bis zum Wahnsinne versteigen kann, daß er sich der Zauberei rühmt, da er doch, ohne alle rechte Bildung, sich vielmehr für einen albernen Menschen, als für einen Magister hätte ausgeben sollen. Aber ich kenne seine Schlechtigkeit gar wohl. Als ich im vorigen Jahre aus der Mark Brandenburg heimkehrte, traf ich denselben Menschen in Gelnhausen, wo man mir in der Herberge allerlei frivole Streiche, deren er mit vieler Keckheit sich rühmte, erzählte. Sobald er meine Anwesenheit erfuhr, machte er sich aus dem Staube und konnte durch nichts bewogen werden, vor mich zu treten. Einige Priester aus der Stadt überbrachten mir, er habe in Vieler Gegenwart
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)