Seite:Proehle Rheinlands Sagen und Geschichten.djvu/50

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewesen, seit wir das Christentum angenommen haben. Sind die sächsischen Besitzungen von den fränkischen doch nur durch ebene und niedrige Waldgebirge getrennt.“

Mit Wärme sprach dann der Abt:

„Mehrmals hat der Kaiser den Sachsen vertraut. Er glaubte, daß in ihrem Lande alles beruhigt sei. So sandte er denn fränkische und sächsische Truppen gemeinschaftlich aus, um die benachbarten slavischen Sorben für ihre Einfälle nach Thüringen zu bestrafen. Dann kehrte aber Wittekind, der Sachsen hatte verlassen müssen, heimlich zurück und fachte im Rücken dieser Schar einen neuen Aufstand an. Für das Heer des Kaisers erwuchs dadurch eine große Gefahr und der Kaiser mußte zu den schärfsten Maßregeln greifen. Mächtig wuchs die Erbitterung der Sachsen. Es schien ihnen jetzt zu gelingen, sich zu größeren Massen zu vereinigen. Aber Karl schlug sie dennoch und verwüstete ihre Fluren bis zur Saale und Elbe.“

„Die Gesetze, die nun von Karl den Sachsen gegeben wurden, waren blutig“, bemerkte Eginhard. „Fast auf Allem steht der Tod, aber solche Strenge war nun nicht mehr zu vermeiden.“

Hier sagte der Abt:

„Stellt nicht der Kaiser trotzdem die christliche Kirche für die Heiden als eine Versöhnerin hin? Ist nicht der Sachse, welcher sich in unsere heiligen Stätten flüchtet, selbst vor dem fränkischen Rächerarme geschützt? Ist nicht jedem das Leben geschenkt, welcher bußfertig einem christlichen Priester sein Verbrechen bekennt?“

Nun bemerkte Eginhard:

„Der Kaiser ist auch gerecht. Nicht bloß die Sachsen sollen den ungewohnten Zehnten geben, der königliche Schatz entrichtet ihn selbst von den eingelaufenen Buß- und Friedensgeldern.“

„Es ist gewiß“, rief der Abt, „daß die Bestrebungen des Königs die rechten sind. König und Papst, Bischof und Graf müssen Hand in Hand gehen: nur so kann Land und Volk gedeihen!“

Unter solchen und ähnlichen Unterhaltungen vergingen die Abende, bis der Hochsommer kam und man dieselben mehr in den königlichen Gärten zubrachte.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/50&oldid=- (Version vom 1.8.2018)