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war. Nun weigerte er sich, die Nibelungen überzusetzen. Hagen aber erschlug ihn, und setzte die Burgonden selbst über. Zuerst führte er mehr als tausend Ritter über den Strom, darauf neuntausend Knechte. Den Kaplan jedoch, als er ihn bei seinem Meßgeräte stehend auf dem Schiffe antraf, warf er in die Fluten. Mancher zürnte ihm deshalb, aber selbst die Brüder König Gunthers wagten ihn nur mit einigen Worten zur Rede zu stellen. Der Pfaffe schaute anfänglich im Wasser nach Rettung aus, aber Hagen stieß ihn zornig wieder in den Grund. Dennoch tauchte er wieder auf. Da war das Schiff aber schon entfernter von ihm und kaum hätte ihn von dort aus noch Hülfe erreichen können. Da wandte er seinen Blick zurück zu dem Ufer, welches die Burgonden eben verlassen hatten, und Gott stand ihm bei, daß er es schwimmend wieder erreichte. Hagen sah noch vom jenseitigen Ufer, wie der Kaplan an’s Land stieg und seine nassen Kleider ausbreitete. Daran erkannte er, daß es wahr sei, was das wilde Wasserweib ihm prophezeit hatte, und daß nun auch, außer dem Kaplan, keiner von Allen, die ausgezogen waren, wieder nach Worms zurückkommen würde.

Doch es würde uns zu weit von Worms und dem Rhein hinwegführen, wenn wir den Aufenthalt der Burgunder in Hunnenland oder Ungarn ebenso ausführlich schildern wollten als den zu Worms. Es sei daher nur erwähnt, daß sie von Etzel prachtvoll empfangen und daß ihnen große Feste bereitet waren. Allein da ihnen auf Kriemhildens Veranlassung bei ihrer Ankunft sogleich die Waffen zur Aufbewahrung abverlangt wurden, so überzeugte sich Hagen von neuem, daß Kriemhilde den Untergang der Nibelungen oder doch den seinigen beschlossen hatte. Sie lieferten die Waffen nicht ab.

Die Bewirtung der Nibelungen fand nach unserem deutschen Heldengedichte hauptsächlich in einem großen Fürstenhause statt. Der Raum zu ebener Erde wurde in solchen Fürstenhäusern durch in großes Gemach ausgefüllt, in welchem die gesammte Dienerschaft bei Tage aß, trank und tanzte und bei Nacht schlief. Vor diesem Gebäude in Ungarn hielt Hagen bei Nacht Wache mit Volker, dem Spielmann, der seine schönsten Weisen hören ließ. Kriemhilde schickte einen großen Haufen der Hunnen zu Hagen, der sich trotz ihres Befehles nicht getraute, ihn zu ermorden. Sie kam selbst und ward von Hagen verspottet.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)