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Damit Siegfried noch durstiger würde, erinnerte Hagen daran, wie tüchtig er im Laufen sei. Wie zwei wilde Panther liefen nun Siegfried und König Gunther im Wettlaufe durch den Klee. Doch gelangte der Held mit dem Schwerte Balmung zuerst an die Quelle, dort wartete er, bis auch Gunther herangekommen war und zuerst getrunken hatte. Dann trank auch Siegfried, indem er sich über die Quelle legte. Aber schnell sprang Hagen hinzu und durchstieß den edlen Siegfried an der mit einem Kreuze bezeichneten verwundbaren Stelle seines Leibes. Die lange Gerstange ragte noch zwischen den Schulterblättern hervor. Da schlug er mit dem Schilde, der noch neben ihm lag, während die anderen Waffen schnell von Hagen beseitigt waren, so gewaltig auf diesen los, daß der Wald von Schlägen dröhnte und Hagen zu Boden stürzte. Hätte Siegfried sein Schwert in der Hand gehabt, so wäre es Hagens Tod gewesen. Doch bald wurden des edlen Recken Wangen bleich. Hagen hatte sich wieder erhoben, die Ritter aber liefen zu der Stelle, wo Siegfried sterbend lag. Auch König Gunther trat heran und Siegfried empfahl ihm noch seine Schwester, die Kriemhild. Nun hoben ihn die Recken auf den Schild und überlegten im Angesichte der Leiche, wie sie verhehlen könnten, daß Hagen Siegfried ermordet habe. Sie beschlossen aber zu sagen, als er allein geritten sei im Tann, wäre er von Räubern getötet worden.

So ließ denn Hagen König Siegfrieds Leiche während der Nacht vor die Kemenate tragen, in der sich Kriemhild befand. Als nun am frühen Morgen das Geläute vom Münster ertönte, weckte Kriemhilde wie gewöhnlich ihre Frauen. Sie befahl, ihr ein Licht und ihr Gewand zu bringen. Aber schon fand in diesem Augenblicke einer der Kämmerer die Leiche im Blute auf der Schwelle liegend. Noch wußte er nicht, daß es Siegfried war. Kriemhild war indes mit ihren Frauen zum Kirchgange bereit. „Stehet stille, Herrin,“ sprach der Kämmerer, „hier liegt ein Ritter erschlagen.“ Ehe sie noch gesehen hatte, daß es ihr Gemahl war, dachte sie schon an Hagens Frage, wo Siegfried verwundbar sei, und rief aus: „Wehe mir, welch’ Unheil ist geschehen!“ Zu Boden sank die Freudlose. Noch sprach das Ingesinde: „Es ist wohl ein Fremder.“ Aber Kriemhilde rief: „Nein, es ist Herr Siegfried! Brunhilde hat es geraten und Hagen hat es gethan!“ In diesem Augenblicke beleuchtete der Kämmerer

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)