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der Gürtel aus Seide von Ninive, mit welchem Brunhilde einst König Gunther gebunden hatte, war ihr von Siegfried im Ringen abgenommen worden. Brunhilde rief nun nach dem Könige und verklagte seine Schwester bei ihm. Als derselbe mit Siegfried nachher über den Vorfall verhandelte, sagte dieser sehr weise: „Man soll die Frauen so ziehen, daß sie üppige Sprüche unterwegs lassen. Verbiete es Deiner Frau, der meinigen will ich ebenso thun. Wahrlich, ich schäme mich solch redseligen Uebermutes.“

Aber damit konnte er nicht ungeschehen machen, was er selbst gethan und was seine gegen ihn so liebevolle Gattin gesprochen hatte. Brunhilde saß auf ihrem Zimmer und brütete Rache. Weinend fand sie dort Hagen von Tronje. Hagen konnte die Thränen seiner Herrin nicht sehen. Er versprach Siegfried zu ermorden. Der König billigte den Mordplan. Dieser konnte indessen wegen der Stärke Siegfrieds nur mit List von Hagen ausgeführt werden.

Es wurde ein neuer Angriff der Könige von Sachsen und von Dänemark als bevorstehend angekündigt. Siegfried erbot sich auch diesmal, seinen Schwägern beizustehen. Da ging Hagen zu Kriemhild und sprach: „Frau, es heißt, daß Siegfrieds Leib unverletzbar ist außer an einer einzigen Stelle. Welche diese nun aber sei, weiß Niemand. Nun will ich ihm gern im Kampfe zur Seite gehen und reiten und diese Stelle an seinem Leibe mit meinem Schilde decken, wenn ich sie von Euch erfahren kann.“ Sie sprach: „Mein Mann ist kühn und stark. Als er den Linddrachen am Berge schlug, badete er sich in dessen Blute. Deshalb kann ihn keine Waffe verwunden. Aber als er sich badete in des Drachen Blut fiel ein Blättchen des Lindenbaums auf seinen Rücken, so daß die Stelle trocken blieb, hier nun ist er verwundbar. An diese Stelle werde ich auf sein Gewand mit seidenen Fäden ein Kreuz nähen. Dort soll dann, o Held, Deine Hand ihn beschützen“. „Das will ich thun, vielliebe Fraue mein,“ sprach der falsche Hagen.

Am anderen Morgen zog Herr Siegfried mit tausend seiner Mannen fröhlich in den Krieg. Auf seinem Gewande war ein Kreuz von feiner Seide genäht, dadurch hatte Kriemhild die Stelle bezeichnet, wo ihr Gemahl verwundbar war. Aber alsbald wurde nun die Nachricht verbreitet, daß das Reich der Burgunden ohne Not durch Kriegsnachrichten beunruhigt

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)