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Sie konnte vor Schluchzen kaum sprechen, als ich sie fragte, ob auch sie mit ihren Frauen bereit sei, mir zu folgen. Sie blickte mich mit ihren süßen thränenerfüllten Augen an und erwiderte: Wenn der König von Engelland, mein Gemahl, noch lebt und nicht auch gleich uns in öder Ferne schmachtet, so wird er Dir reichen Ersatz bieten, und wenn sie alle gestorben wären, denen ich angehöre, so wird doch Gott Dir Dein Erbarmen lohnen.

Als ich darauf den Burgvogt am Thore traf, empfing er mich sogleich mit der Frage, wie es nun stände mit dem Tausch, ob er mir behage. „Wenn Du den Armen, die ich mit mir nehmen soll, zurückgiebst, was sie mitbrachten an diesen Ort, wenn Du ihr Schiff gut ausrüstest zur Fahrt: dann gebe ich Dir alles Gut in meinen Ballen und fordere nichts weiter“, antwortete ich ihm. „Hältst Du mich für einen Betrüger?“ rief Stranmur aus. „Nicht ein Härchen werde ich zurück behalten von dem, was diese mir hierher brachten.“

Wir gaben uns die Hand, und so war der Handel geschlossen.

Stranmur hielt Wort. Mein Schiff war zwar anstatt mit reichem Kaufmannsgut nur noch mit Sand und Quadern als Ballast angefüllt, aber beide Schiffe, das meinige und das der hier Gestrandeten wurden von ihm zur Reise aufs beste ausgerüstet und mit allem Nötigen versehen. Es währte nicht lange, so fuhren unsere Schiffe mit gutem Winde der fernen Heimat zu.

Als wir dort angekommen waren, wo unsere Wege sich scheiden mußten, und der Weg für Jene nach Engelland, der meine auf Utrecht zu ging, erfuhr ich, daß zwei der Jungfrauen, die die junge Königin umgaben, mit ihr aus Norwegen gekommen waren, die andern zwölf edlen Mägdelein aber aus Engelland stammten. Da nahm ich die Königin mit ihren zwei Gefährtinnen aus ihrer Heimat zu mir aufs Schiff. Wenn Wilhelm von Engelland noch lebte oder König Reinmund sein Kind aufsuchte, so sollten sie die edle Königin Irene unversehrt und gesund bei mir wiederfinden.

„Fahrt Ihr getrost nach Engelland, edle Ritter, nehmt die edlen Jungfrauen in Eure Obhut[1] und führet sie der Heimat zu. Geht es Euch gut, dann mögt Ihr mein gedenken“, sprach ich. Wohl boten sie mir an, bei mir zu bleiben, bis man das Lösegeld für sie gezahlt hätte, ja einige

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ohhut
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/237&oldid=- (Version vom 1.8.2018)