berühmten Recken Hand gefallen. Darum vermache ich Dir meinen Harnisch und meinen Schild. Beide wirst Du hier gebrauchen können. In diesem Walde wohnt nämlich der Riese Wolfgrambär. Der hat auch mich besiegt, einen kühnen Ritter, welcher aus Sizilien auszog, um Abenteuer zu suchen. Ihm sollte ich fünf Ritter unterwerfen, um frei zu werden, und zu denen solltest Du gehören, darum fiel ich Dich an.“
Siegfried verfolgte dann weiter die Spur im Walde. Da kam der Zwergkönig Egwaldus in köstlichen Kleidern auf einem kohlschwarzen Pferde dahergeritten. Er hatte tausend wohlgeputzte und wohlbewaffnete Zwerge bei sich. Siegfrieden rief er sogleich bei Namen und nannte auch dessen Vater und Mutter. Da dachte Siegfried, der muß auch wissen, wo der Drachenstein liegt und fragte nach dem Wege. Darüber erschrak aber der Zwergkönig Egwaldus und verweigerte die Antwort, weil auf dem Drachensteine ein so entsetzlicher Drache wohne, daß niemand die Jungfrau Florigunde von ihm erlösen könne. Allein Siegfried teilte die Furcht nicht, die der Zwergkönig vor dem Abenteuer mit dem Drachen hatte. Dieser wollte sogar von Siegfrieds Seite entfliehen. Da ergriff Siegfried den Kleinen bei den Haaren. Er schleuderte ihn gegen eine Felswand, daß die Krone auf seinem Haupte in Stücken zerbrach. Nun sagte der Zwergkönig: „Der Riese Wolfgrambär wohnt hier ganz nahe. Ihm gehört die ganze Gegend und tausend Mannen müssen ihm dienen. Derselbige hat den Schlüssel zum Drachenstein.“
Da bedrohte Siegfried den Zwergkönig Egwaldus von neuem mit dem Tode, wenn er ihm nicht den Weg zum Riesen Wolfgrambär zeigen wolle. Zitternd wies der Zwergkönig auf einen Berg, wo der Riese wohnte. Hier klopfte Siegfried an das Felsenschloß und begehrte, daß der Riese die schöne Jungfrau Florigunde herausgebe, die er nun schon vier Jahre lang auf dem Drachensteine eingeschlossen habe.
Da schlug der Riese mit einer großen eisernen Stange nach Siegfried. Aber dieser sprang behende zur Seite und wurde nicht von der Eisenstange getroffen; nur die Äste der Bäume knisterten, die von dem ungeschlachten Riesen aus Versehen abgeschlagen waren. Plötzlich brachte Siegfried dem Riesen eine tiefe Wunde bei. Allein dieser floh in eine steinerne Wand, wo er seine Wunden so gut als möglich zu verbinden suchte. Dann
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/206&oldid=- (Version vom 1.8.2018)